HAU 1: 19. / 20. April, 19.30 Uhr
Dimenti
»A Mulher-Gorila« (Die Gorilla-Frau)
Europäische Erstaufführung
Publikumsgespräch: 20. April, im Anschluss an die Vorstellung
A Mulher-Gorila / Die Gorillafrau stellt die Kategorie Geschlecht ausgehend von den politisch aufgeladenen Begriffen des “Weiblichen” und des “Männlichen” zur Diskussion. Das Stück hinterfragt eine instrumentalistische Kategoriebildung, mit der unumstößliche Geschlechtsmerkmale abgegrenzt, Identitäten festgelegt und auf eine vermeintliche Essenz zurückgeführt werden. Mit der Erzeugung von Dissonanzen in der binär strukturierten Beziehung von “Frauen” und “Männern” versucht diese Arbeit, unterschiedliche Sensibilitäten zu erfassen und Sexualität als historisches und dynamisches System zu begreifen.
Unter Verwendung theoretischer Konzepte von Judith Butler, Michel Foucault u.a. sucht die Arbeit auf dem Weg der Kritik und der Parodie Möglichkeiten der performativen Um-Deutung von Geschlechterfragen. Gesellschaftstanz, Hollywood-Musicals und Zeichentrickfilme werden in diesem Stück als choreographische Skizzen eingewoben, Original und Zitat geraten durcheinander, Bühne und Backstage, Männchen und Weibchen -- Polarisierungen einer Praxis der Abgrenzung, mit der im grundsätzlich Ungeordneten eine scheinbare Ordnung geschaffen werden soll.
A Mulher-Gorila / Die Gorillafrau entstand 2006 im Ateliê de Coreógrafos Brasileiros und wurde von den Mitgliedern des Ensembles Dimenti (Bahia) überarbeitet und aktualisiert.
Dimenti
Dimenti (Salvador – Bahia), 1998 gegründet, produziert mit der ebenso benannten Tanzcompagnie eigene Stücke sowie die anderer Gruppen. Darüber hinaus arbeitet Dimenti auch im pädagogischen Bereich. Die Gruppe organisiert und realisiert Tourneen, Workshops, Diskussionen, Austauschprogramme, erstellt Veröffentlichungen, Dokumentarfilme und experimentelle Videofilme in Form von Tanz- und Theaterprojekte sowie audio-visuelle Konzepte.
Dimenti arbeitet an der Entwicklung einer poetischen Technologie und sorgt für ein stehendes Repertoire, das sich mit verschiedenen künstlerischen Sprachen und Berufe in unterschiedlichen Formaten artikuliert (u.a., Tanz, Theater, Musik, Literaturwissenschaft, Kommunikation, Psychologie).
Bei einem großen Teil der Arbeiten von Dimenti geht es um die Interaktion unterschiedlicher Medien, bei dem die Mechanismen des Komischen als Untersuchungsprinzipien im Tanz wirken, z.B. die choreografische Übersetzung literarischer Werke und die Reflektion der Körperlichkeit des Zeichentrickfilms.
Maßgebliche Aspekte der Recherchearbeit der Compagnie sind: ein dramaturgischer Aufbau ähnlich einem Mosaik, eine diskontinuierliche Erzählweise, stetige abrupte Veränderungen der körperlichen Zustände, die Gleichzeitigkeit zusammenhangsloser Aktionen im Körper, eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen durch den Gebrauch von Gegensätzlichkeiten und kritische Komik.
Die Dramaturgie basiert auf metaphorische Assoziationen und intertextuelle Verbindungen und stellt damit ungewöhnliche Zusammenhänge und atypische Kontexte her, die größere Freiheit in der Lesart anregen sowie eine Re-interpretation des benutzten Quellmaterials.
Jorge Alencar
Jorge Alencar: Tanz- und Theaterschaffender. Seit 1998 künstlerischer Leiter und Gründer
des Ensembles Dimenti (Salvador-Bahia). Studierte Kommunikationswissenschaft
an der Kath. Universität Salvador sowie Tanz und Darstellende Künste
an der Bundesuniversität Bahia. Seine szenischen und audiovisuellen
Arbeiten behandeln mit kritischem und humoristischem Blick die Debatten um
Gender, Performativität, ästhetische Formate und kulturelle Stereotypen.
Mit seinen bisher über zehn Stücken nahm er als Regisseur und Interpret
an wichtigen Veranstaltungen nationaler und internationaler Tragweite teil
(Weltkulturforum, São Paulo; Ateliê de Coreógrafos Brasileiros,
1., 4., 5. Auflage; Itaú Cultural Rumos Dança 2006/2007, Festival
Internacional de Artes Cênicas, Bahia, Panorama de Dança, Rio
de Janeiro, Bienal de Dança, Ceará).
Mit dem Ensemble Dimenti erhielt er den Publikumspreis für das beste Stück des Festival de Teatro de São José do Rio Preto (São Paulo, 2000), den Preis für das beste Stück und die beste Regie des Fenateg (Paraíba 2003), den Preis für das beste experimentelle Video des Festival de Gramado cine-vídeo 2007 für das Tanzvideo Sensações Contrárias. Darüber hinaus nominierte ihn die Rolex Mentor and Protegée Arts Iniciative (Schweiz) für ihr Programm.